„Kinder von fern“ – Ein sensibles Kinderbuch über Flucht, das Herzen öffnet
Wir leben in einer Zeit, in der selbst die Kleinsten tagtäglich mit dem Wort Flüchtlinge konfrontiert werden – sei es in der Schule, im Kindergarten oder im Sportverein. Doch was bedeutet dieses Wort eigentlich? Wer sind diese Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten? Und warum sind sie nicht einfach mit dem Flugzeug hierher gekommen?
Genau hier setzt das Kinderbuch „Kinder von fern“ von Martine Letterie an, liebevoll illustriert von Elena Cavion. Es erzählt auf einfühlsame und kindgerechte Weise die Geschichten von Kindern, die aus ihrer Heimat fliehen mussten – und öffnet damit jungen Leser ein Fenster in eine oft komplizierte und schwere Thematik.Das Buch stellt vier Kinder in den Mittelpunkt: Samuel, der wie sein Opa ein großartiger Fußballer werden möchte; Fatima, die gerne die schönen Rosen auf dem Hijab ihrer Oma malt; Azad und Tamar, deren Familien wegen der neuen Machthaber in großer Gefahr sind. Ihre Fluchtwege sind lang und beschwerlich – zu Fuß, durch dunkle Kanalisationen, auf wackeligen Schlauchbooten. Gemeinsam mit ihren Familien suchen sie in einer fremden Welt nach Sicherheit, Freundschaft und einem neuen Zuhause.
Was Kinder von fern so besonders macht, ist die ehrliche, aber trotzdem behutsame Darstellung von Flucht, Gewalt und Verfolgung – Themen, die gerade für Kinder oft schwer zu begreifen sind. Die Geschichten sind berührend und realistisch, ohne zu überfordern, und geben einen wertvollen Einblick in das Leben der Kinder vor, während und nach der Flucht. Die sanften Pastellzeichnungen unterstreichen die sensible Erzählweise und schaffen einen warmen Raum, um sich mit den Emotionen der Figuren zu verbinden.
Ich bewundere Martine Letterie sehr für ihren Mut, sich dieses schwierigen Themas anzunehmen. Sie gelingt es, Empathie zu wecken und gleichzeitig Verständnis für die Herausforderungen zu schaffen, denen Geflüchtete täglich gegenüberstehen. Besonders berührend ist das Zusammenkommen der Kinder in der sogenannten „Flüchtlingsklasse“, in der sie ihre Geschichten teilen und gemeinsam Hoffnung schöpfen – ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und Neubeginn.
Natürlich ist dieses Buch kein Buch, das Kinder einfach so alleine lesen sollten. Es braucht Gespräche, Antworten auf Fragen und Raum für Ängste. Deshalb ist es eine klare Empfehlung für den Einsatz in Schulklassen oder fürs gemeinsame Lesen zu Hause, um das Thema gemeinsam zu entdecken und zu verarbeiten.
Ich wünsche mir, dass Kinder von fern viele kleine und große Herzen erreicht und dazu beiträgt, dass wir alle ein Stück mehr Verständnis und Offenheit füreinander entwickeln – denn gerade in einer Welt, die sich so schnell verändert, ist das wichtiger denn je.