Also bitte, wie kann man einem Buch widerstehen, in dem ein knallblaues Tier mit Ohren wie Satellitenschüsseln plötzlich im Kinderzimmer steht und erstmal Obst-Eis verlangt? Richtig: gar nicht. Hier kommt Kalli Wüstenmucks – Bedrohte Tierart sucht neues Zuhause! von Julie Leuze und Anke Loose (großartig illustriert von Thorsten Saleina) ist genau das Buch, das man gar nicht mehr aus der Hand legen will – und das am besten laut vorgelesen wird, weil man sonst Kallis freche Sprüche gar nicht so richtig genießen kann.
Die Geschichte startet rasant: Leo, ein ganz normaler Junge mit einer großen Liebe zu Tieren, begegnet plötzlich einem Wesen, das in keinem Tierlexikon zu finden ist. Kalli ist nicht nur blau und wuschelig, sondern vor allem eins: sehr gesprächig. Und hungrig. Sehr hungrig. Dazu auch ein bisschen frech, aber auf diese charmant-unwiderstehliche Art, die man sonst nur von Pippi Langstrumpf oder zuckerschnutigen Comicfiguren kennt. Kalli behauptet, er sei der letzte Wüstenmucks – vom Aussterben bedroht, heimatlos, und absolut nicht dafür gemacht, allein durchs Leben zu tapsen. Und damit ist klar: Leo muss helfen.
Was folgt, ist ein wunderbar witziges Abenteuer zwischen Tiefkühltruhe, Wildtierstation und ganz vielen Fragen wie: Wohin mit einem sprechenden Wuschelwesen, das aus Versehen die halbe Küche verwüstet, sobald man sich umdreht? Wie erklärt man das bitte seinen Eltern, ohne dass man direkt in die Abteilung „unauffällige Kinderpsychologie“ weitergereicht wird?
Aber Leo wächst über sich hinaus – und genau das macht die Geschichte so besonders. Er bleibt dabei herrlich kindlich, mit echten Gedanken, echten Sorgen und ganz viel Herz. Kalli wiederum… ist einfach Kalli. Laut, liebevoll, ein bisschen unkoordiniert – aber durch und durch sympathisch. Und mit jeder Seite hat man das Gefühl, dass er jetzt gleich bei einem selbst durchs Fenster springt und fragt, ob man zufällig noch Apfelmus im Haus hat.
Was mich besonders begeistert hat, ist die Mischung aus schrägem Humor und einem Thema, das gleichzeitig Tiefe bringt: Artenschutz. Und zwar ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Kalli ist anders – und das ist nicht nur in Ordnung, sondern sogar ziemlich großartig. Das Buch erzählt davon mit so viel Witz und Wärme, dass es gar nicht nach einer „wichtigen Botschaft“ riecht, aber trotzdem genau die richtige trifft. Denn seien wir ehrlich: Wer hat sich als Kind nicht schon mal gewünscht, ein ganz besonderes Tier zu treffen, das nur einen selbst ausgesucht hat?
Die Illustrationen von Thorsten Saleina passen perfekt dazu – wild, bunt, ausdrucksstark und mit ganz viel Liebe zum Detail. Kallis Gesichtsausdrücke könnten ein eigenes Emoji-Set füllen, und die Dynamik zwischen ihm und Leo ist nicht nur lesbar, sondern richtig spürbar. Unsere Lieblingsstelle? Ganz klar: der Moment, in dem Kalli versucht, sich unter der Bettdecke zu verstecken und so tut, als wäre er ein kaputtes Kuscheltier. Spoiler: Niemand kauft ihm das ab.
Wir haben Tränen gelacht, laut vorgelesen, mitgefiebert und uns sofort in die Risikozone „Leselust auf mehr“ begeben. Band 1 ist ein fulminanter Auftakt – und wir zählen heimlich schon die Tage bis Band 2 erscheint. Die Risottostraße kann einpacken, jetzt kommt die Wüstenmucks-WG!
Ein echtes Vorleseschätzchen mit Suchtfaktor, für alle Kinder ab 7, die Tiere lieben, gerne lachen – und tief in sich drin hoffen, dass irgendwann mal ein knallblaues Plapperwesen an ihrer Tür klingelt.
PS: Meine Kinder würden jederzeit mit Leo tauschen. Nur beim Aufräumen nach dem Kalli-Besuch wäre dann doch wieder ich gefragt. Na gut, ist okay. Für einen Wüstenmucks macht man das doch gerne. 🌀🦴🫐