Heute ist es soweit.
Der Tag, der seit einem Jahr dick und fett im Kalender steht.
Mit Herzchen markiert… und einem inneren Warnhinweis: „Vorsicht! Emotionale Ausnahmesituation – Taschentücher bereithalten.“
Bei meinem Großen war dieser Tag ein Fest. Wir haben uns gefreut, haben Abschied gefeiert, die Schultüte gepackt, waren alle voller Vorfreude auf das, was kommt.
Und heute? Heute steht mein mittlerer Sohn an der Tür zum letzten Mal in seiner Kita-Gruppe. Und ich? Ich zerfließe. Noch bevor überhaupt jemand Tschüss gesagt hat.
Denn dieser Abschied fühlt sich anders an. Größer. Tiefer. Schwerer.
Vielleicht, weil er nicht einfach irgendein Kind ist – sondern mein kleines Schreibaby.
Oder wie man heute pädagogisch feinfühlig sagt: High-Need-Kind.
(Früher hätte man wahrscheinlich einfach gesagt: „anstrengend“, aber das klang halt weniger nach Ratgeber-Bestseller.)
Ich erinnere mich, wie er mit seinem viel zu großen Rucksack, einem Kopf kleiner als sein großer Bruder, das erste Mal die Kita betreten hat. Mit scheuem Blick, klammernden Händen und dem festen Plan, sich NIEMALS NIE dort wohlzufühlen.
Tja, und heute?
Heute marschiert er rein wie der neue Hausmeister.
Schulterbreit wie ein Türsteher, Charme wie ein Pausenclown, will Nationaltorwart werden und verteilt selbstbewusst Anweisungen, als wäre die Kita seine Trainingsakademie.
Und doch:
So stark er wirkt – er bleibt das sensibelste Kind, das ich kenne.
Er spürt alles intensiver, liebt tiefer, lacht lauter – und weint herzzerreißender.
Er ist mein Gefühlskind. Mein Spiegel. Mein Herz mit Beinen.
Und heute fliegt er raus.
Wortwörtlich.
Denn in unserer Kita ist es Tradition, dass die Kinder am letzten Kita-Tag rausgeschmissen werden.
Mit Schwung aus der Tür katapultiert – in eine Welt, in der Buchstaben plötzlich wichtiger sind als Bauklötze und Stillsitzen zum neuen Leistungssport wird.
Ich freue mich.
Wirklich.
Ich freue mich auf Schule, auf neues Lernen, auf Entwicklung, auf all das Spannende, was kommt.
Aber ich trauere auch.
Denn Kindergarten ist nicht nur Betreuung.
Kindergarten ist Kindheit. Unbeschwert, wild, klebrig, laut, kreativ.
Und die hätte ich ihm noch ein bisschen länger gewünscht.
Also ja – heute werden Tränen fließen.
Nicht nur bei mir. (Aber vor allem bei mir.)
Denn ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Und keiner fragt mich, ob ich schon bereit bin.
Aber wir werden es feiern.
Laut. Fröhlich. Mit Eis, Streuseln und mindestens drei Umarmungen zu viel.
Und morgen? Da wachsen wir einfach zusammen in das Neue hinein.
Mit Schulranzen. Und einem Kloß im Hals.
Und ganz, ganz viel Liebe im Gepäck. 💛